Forscher vom INM und der Universität of California in San Diego fanden heraus, dass sich die Länge des Oberarmknochens (Humerus) eines Vogels mit seinem Körpergewicht charakteristisch verändert, um den Auftrieb zu optimieren. Im Gegensatz dazu fallen die Abstände zwischen den adhäsiven Verbindungshäkchen der Federn für alle Vogelarten gleich aus, um den Luftstrom optimal zu steuern.
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Vögel segeln als König der Lüfte, fliegen gleitend, beherrschen Sturzflüge und landen mal mehr, mal weniger elegant. Oder sie halten sich mit raschen Flügelschlägen in der Luft, die mit dem bloßen Auge nicht mehr zu erkennen sind. Gibt es trotz dieser unterschiedlichen Flugarten allgemeingültige Zusammenhänge, die für alle fliegenden Vögel gelten? Forscher vom INM und der Universität of California in San Diego haben Flügelknochen und Flugfedern untersucht, um dieser Frage nachzugehen. Sie fanden heraus, dass sich die Länge des Oberarmknochens (Humerus) mit dem Körpergewicht des Vogels charakteristisch verändert, um den Auftrieb zu optimieren. Im Gegensatz dazu fallen die Abstände zwischen den adhäsiven Verbindungshäkchen der Federn für alle Vogelarten gleich aus, um den Luftstrom optimal zu steuern. Diese Erkenntnisse lassen sich möglicherweise nutzen, um Luftfahrzeuge effizienter zu gestalten. Die Ergebnisse wurden jüngst in der Fachzeitschrift Science Advances publiziert.
„Obwohl Federn von Kondor und Kolibri unterschiedlicher nicht sein können, haben wir eine Gemeinsamkeit festgestellt: Der Abstand der kleinsten Federeinheiten, der Federhäkchen, ist in allen untersuchten Federn in etwa gleich groß und liegt bei ungefähr zwölf Mikrometern. Wir vermuten, dass sich dieser Abstand im Laufe der Evolution für einen perfekten Luftstrom während des Flugs bewährt hat. Er lässt wenig Luft hindurch, was den Auftrieb für die Vögel erhöht, und verankert dennoch die Federn miteinander. Im Modell lässt sich sogar nachvollziehen, wie sich die Stellung der Federstrahlen im Steig- und Sinkflug verändert“, sagt Eduard Arzt, Wissenschaftlicher Geschäftsführer am INM. Das ist neu, denn bisher haben Wissenschaftler lediglich den Abstand von Federästen untersucht und festgestellt, dass dieser eine Rolle spielt, um Wasser effektiv abzuweisen.
Auch den Einfluss des wichtigsten Knochens beim Flug, des Humerus, untersuchten die Forscher. Er verbindet den Flügel mit dem Vogelkörper und muss großen Auftriebskräften standhalten, um den Vogel in die Luft zu bringen. Man sollte annehmen, dass ein einfaches Verhältnis zwischen Knochenlänge und Körpergewicht dieser Anforderung genügt. So eine einfache, sogenannte isometrische Wechselbeziehung, liegt aber nicht vor. „Zwar hängen diese beiden Größen miteinander zusammen, aber nicht in einem einfachen Verhältnis. Vielmehr verhalten sich Knochenlänge und Körpergewicht zueinander allometrisch, also nicht selbstähnlich, da die Festigkeit des Knochens begrenzt ist. Beim Menschen wächst zum Beispiel das Gehirn allometrisch: Bei Kindern wächst es viel schneller als der Rest des Körpers, anders als das menschliche Herz, dessen Größe proportional zum Rest des Körpers ist. So einen allometrischen Zusammenhang konnten wir zwischen der Länge des Humerus beim Vogel und seinem Körpergewicht feststellen: die Länge des Humerus wächst im Verhältnis zum Körpergewicht stärker“, erklärt Marc Meyers von der University of California.
Auch zwischen der Flugart, Fluggeschwindigkeit, der Flügelgröße und der Größe des Humerus konnten die Wissenschaftler Beziehungen herstellen. „Je schwerer ein Vogel ist, desto mehr Auftrieb benötigt er und die Flächenlast steigt. Aus Evolutionssicht erreicht er den notwendigen Auftrieb entweder, indem er schneller fliegt, oder durch größere Flügel, oder durch beides gleichzeitig. Gleichzeitig muss der Flügel der Flächenlast standhalten können – hier kommt der Humerus wieder ins Spiel. Nehmen wir an, zwei Vögel sind gleich schwer, haben aber unterschiedlich große Flügel. Die höhere Flächenlast beim kleineren Flügel erfordert dann aus statischen Gründen, dass der Humerus einen größeren Anteil des Flügels ausmacht; genau das haben wir gefunden“, erklärt der Physiker Arzt. Die Forscher erhoffen sich mit den Erkenntnissen neue Konzepte für den Bau von innovativen Luftfahrzeugen.
Hintergrund:
Für ihre Untersuchungen griffen die Wissenschaftler auf Flügel- und Knochenbestände des San Diego Natural History Museum sowie der Zoos in Los Angeles und San Diego zurück. Die Kooperation zwischen dem INM und der University of California in Santa Barbara wurde durch einen Humboldt-Preis an Professor Marc Meyers gefördert.
Ihre Experten
Prof. Dr. Eduard Arzt Leibniz-Institut für Neue Materialien Wissenschaftlicher Geschäftsführer Leiter Funktionelle Mikrostrukturen [email protected] Tel.: 0681-9300-500 |
Prof. Dr. Marc A. Meyers University of California, San Diego, La Jolla, USA Materials Science and Engineering Programm Departments of Mechanical and Aerospace Engineering and Nanoengineering [email protected] Tel.: 001858 534-4719 |
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Quelle: P. Herbeck-Engel, INM. Frei im Zusammenhang mit diesem Inhalt.